Der Apfel ist ein Angehöriger einer echten Großfamilie mit unzähligen Verwandten und verfügt über eine lange Zuchtradiation in der Menschheitsgeschichte. Viele gängige Sorten aus dem Supermarkt besitzen heute aus ästhetischen Gründen eine ausgewogene Form und erhalten nach dem Abbeißen über längere Zeit ihre Farbe. Doch auch besonders alte Apfelsorten wie der Boskop oder die Goldparmäne sind noch in den Verkaufsregalen anzutreffen.
Was vielen Käufern nicht bewusst ist: Die Anzahl der Apfelfamilie nennt hierzulande deutlich mehr als tausend Mitglieder ihr Eigen. Schätzungsweise 1600 Arten existieren allein im deutschen Raum und in der direkten Umgebung. Auf dem ganzen Globus erstrecken sich die alten Apfelsorten auf über 20.000 Varianten. Nicht alle von diesen sind bei einem ersten Anblick sofort als Apfel zu erkennen. Manche Bäume erreichen ein geradezu exotisches Alter und eine beachtliche Höhe von bis zu 30 Metern. Der Apfel gehört zu den Klassikern des Obstanbaus und erfreut sich über das ganze Jahr hinweg großer Beliebtheit. Daher verzehren allein in Deutschland die Menschen im Schnitt bis zu 30 Kilogramm innerhalb von zwölf Monaten. Der Apfel dient nicht nur zum direkten Verzehr, sondern ist auch eine beliebte Zutat bei Backrezepten.
Polyphenole sorgen für eine bessere Verträglichkeit
Äpfel fördern die Gesundheit, doch nicht jeder Mensch kommt uneingeschränkt in den Genuss des leckeren Obstes. Allergische Reaktionen hindern diese am Verzehr. Schuld daran trägt ein zu hoher Gehalt an allergenen Eiweißmolekülen. Gründe für deren Vorkommen sind vielfältiger Natur: Die aromatische Verbindung Polyphenol in alten Apfelsorten wurde bei den modernen Vertretern gezielt reduziert. Dieser sekundäre Pflanzenstoff verleiht dem Obst ein weniger süßliches Aroma. Zusätzlich beeinflusst dieser Wandel seine äußerliche Erscheinungsform. Ein hoher Gehalt an Polyphenol provoziert unter normalen Umständen Unebenheiten auf der Oberfläche und lässt den Apfel nicht gleichmäßig rund heranreifen. Außerdem verfärbt sich das Fruchtfleisch rasch nach einem kräftigen Biss durch die Schale. Lange Zeit stellte dies für Großhandelsketten einen optischen Makel dar. Alte Apfelsorten wurden daher zunehmend von ihren modernen Nachkommen verdrängt. Seit der Entdeckung der allergiehemmenden Wirkung des Polyphenols jedoch rücken die traditionellen Arten wieder in den Mittelpunkt des Interesses vieler Konsumenten. Durch die langfristige Lagerung vermehren sich die allergenen Stoffe mit der Bezeichnung „MAL d1“ zunehmend. Wegen des Wegfalls des natürlichen Gegenspielers sind für Allergiker viele Supermarktangebote daher schlicht nicht genießbar. Die Verarbeitung zu Apfelmus zersetzt wiederum die verdächtigen Stoffe unumkehrbar durch das Einkochen und lindert daher die Symptome beträchtlich. Aber Vorsicht: Alte Apfelsorten sind für Allergiker nicht immer empfehlenswert. Tendenziell scheinen rote Äpfel besser verträglich. Daher ist bei Vorliegen einer Unverträglichkeit eine vorsichtige Selektion und zurückhaltender Konsum zu Testzwecken angeraten. Alte Apfelsorten sind nach wie vor im Handel erhältlich. Es folgt ein kleiner Überblick von wichtigen Vertretern der alten Sorten.
Boskop
Charakteristisch für den Boskop ist seine trockene, raue Beschaffenheit der Schale. Seine erstmalige Entdeckung geht auf das Ende des 17. Jahrhunderts in den Niederlanden zurück. Dort nahm er seitdem einen festen Stammplatz in der alljährlichen Obsternte ein. Das Fruchtfleisch besitzt ein mehr säuerliches Aroma und verfügt über ein hohes Gehalt an wertvollem Vitamin C. Als echter Allrounder zeigt sich der Boskop in der kulinarischen Weiterverarbeitung sehr vielfältig. So findet er als Obst für Backofen sowie den Kochtopf Verwendung und erlaubt die Zubereitung leckerer Gerichte mit Apfelmus, gebratenen Äpfeln oder von Apfelkuchen. Nicht selten gilt der Boskop auch als typisches Geschenk zur Weihnachtszeit. Außerdem verfügt er über eine ausgeprägte Lagerfähigkeit und ist daher auch als Winterapfel bekannt. Zwar erfolgt seine Ernte meist im Oktober, aber seine verzehrfähige Reife erlangt dieser erst in den beiden Folgemonaten. Er bevorzugt halbschattige Standorte und einen feuchten, nährstoffreichen Untergrund. Aufgrund seines ungezügelten Wachstums bedarf der Boskop regelmäßiger Pflege.
Berlepsch
Der Berlepsch gilt als äußerst zäher Vertreter seiner Art. Viele von Bauern gefürchtete Schädlinge wie Schorf und Mehltau können diesem nichts anhaben. Der Einsatz von starken Pestiziden ist daher vollkommen unnötig. Erstmals wurde der mittelgroße Apfel mit dunkelroten Streifen um 1880 angebaut. Sein leicht säuerlicher und stark aromatischer Geschmack macht das Tafelobst zu einem sehr beliebten Nahrungsmittel. Zusätzlich besitzt er eine der größten Depots an natürlichem Vitamin C unter den alten Apfelsorten. Gegen Mitte des Herbstes ist er reif für die Ernte. Ebenso wie viele andere alte Apfelsorten lässt sich auch dieses Exemplar hervorragend im Lager aufbewahren. Bis zum Frühlingsbeginn im März kann er dort unbeschadet verweilen.
Cox Orange
Erstmals wurde der Cox Orange im Jahre 1825 in England gesichtet. Selbst heute findet die alte Apfelsorte in gängigen Supermärkten immer noch ihren Weg auf die Obstwaage. Dank der weichen, rötlichen Schale und des zimtähnlichen Aromas erfreut der Winterapfel sich besonders bei Kindern großer Beliebtheit. Das äußerst saftige Fruchtfleisch gilt zugleich als knackig – nicht zu weich und nicht zu fest. Es verfügt über eine leicht grünliche Färbung sowie einen milden Geschmack. Eine Weiterverwertung zum Kuchen oder als Kompott bleibt ihm allerdings verwehrt. Gegen September beginnt die Erntezeit des Apfels, der für die volle Ausbildung seiner Reife im Anschluss noch einige Monate im Lager verbringt. Erhältlich ist der Cox Orange im Zeitraum Oktober bis März.
Goldparmäne
Als echtes Urgestein unter den alten Apfelsorten gilt die Goldparmäne. Dokumentationen über ihre Nutzung reichen bis in das Mittelalter zurück. Den Weg nach Deutschland fand diese alte Apfelsorte über den Seeweg von England. Markantes Alleinstellungsmerkmal ist der aromatische Duft, den diese Äpfel vor der Ernte noch direkt von ihren Bäumen aus versprühen. Einen großen Vorteil beim Anbau besitzt die Goldparmäne dank ihrer recht anspruchslosen Aufzucht. Der Apfel begnügt sich bereits mit einfachen Erdböden und gedeiht problemlos selbst in höheren Regionen, sofern gelegentlicher Sonnenschein den Wachstumsprozess unterstützt. Seine Lagerung ist allerdings nur bis zum Januar möglich. Der Geschmack des recht festen sowie hellen Fruchtfleisches hat eine säuerlich-süße Note sowie ein leicht nussiges Aroma. Goldparmänen eignen sich zum sofortigen Verzehr sowie zur Nutzung im Backofen.
Golden Delicious
Eine alte Apfelsorte mit besonderer Bezeichnung ist der Golden Delicious. Der goldgelbe Leckerbissen, auch Gelber Köstlicher genannt, gilt trotz seines Alters immer noch als einer der beliebtesten Äpfel schlechthin. Seinen Ursprung hat der Golden Delicious im Jahr 1890 in West Virginia in den Vereinigten Staaten von Amerika, von wo er nach und nach die gesamte Welt eroberte. Aufgrund seiner recht hohen Anfälligkeit gegenüber Pilzen und Parasiten wird in der Landwirtschaft bei seinem Anbau verstärkt auf chemische Abwehrmittel zurückgegriffen. Im Gegenzug zeichnet er sich durch eine hohe Resistenz gegen Obstbaumkrebs aus. Die starke Behandlung mit Pestiziden führt unter anderem zu einer starken Schadstoffbelastung in der äußeren Schale. Deren Entfernung vor dem Verzehr größerer Mengen ist daher unbedingt angeraten. Zwischen Oktober und Juli steht der Apfel fast die ganze Jahreszeit zum Verkauf bereit. Bei zu früher Ernte und noch zu grüner Färbung büßt er maßgebliche Anteile seines typisch süßlichen Aromas ein. Aktuelle Angebote im Supermarkt basieren häufig auf einer neuen Züchtung dieser Art. Diese weisen nur noch einen äußerst geringen Anteil an Polyphenolen auf, weswegen der Golden Delicious nach Verlautbarung des Bundes für Umwelt und Naturschutz nicht zum Verzehr für Allergiker geeignet ist. Aufgrund seiner Konsistenz verliert diese alte Apfelsorte unter Hitzeeinwirkung seine Struktur und findet daher keine Anwendung im Backofen. Allerdings dient er als essenzielle Zutat für einen schmackhaften Obstbrand.
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